Das Gebot „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Lev 19,18) ist besonders uns als Christinnen und Christen wohl bekannt, aber wie sieht Nächstenliebe eigentlich aus? Und ist Nächstenliebe in der heutigen Zeit eigentlich noch up to date?

„Jeder ist sich selbst der Nächste“ oder „Die anderen sind mir egal“ – solche Sprüche begegnen einem im Alltag immer mal wieder. Menschen gehen mit gesenktem Kopf durch die Straßen oder gucken in Bus und Bahn stur geradeaus, ohne einen Blick für ihre Umgebung oder ihre Mitmenschen zu haben. Manche vielleicht – aber nicht alle:

Auf dem Weg zu einer Konferenz der Kolpingjugend musste ich voll beladen mit Koffer und Taschen zum Bus laufen, da der Weg mit Gepäck doch länger dauerte als gedacht. Ich war gestresst und hatte nur im Kopf, dass ich unbedingt meinen Zug erwischen musste. Es kam wie es kommen musste: Der Bus erreichte die Haltestelle und ich war noch nicht da. Die Fahrgäste an der Haltestelle stiegen ein, die Türen schlossen sich und der Bus fuhr an. Zu meinem großen Glück war der Busfahrer sehr aufmerksam. Er sah mich wohl aus dem Augenwinkel vollbeladen auf die Haltestelle zu rennen. Anstatt mich zu ignorieren und einfach zu fahren, hielt er an und wartete, bis ich den Bus erreicht hatte. Ein kleiner Akt der Nächstenliebe! Ich war dem Fahrer unendlich dankbar. Er hat mir den Tag gerettet. Ich habe den Zug bekommen und konnte ganz entspannt zur Konferenz reisen.

Nächstenliebe hat für mich viele Gesichter: Ein freundliches Wort, ein Lächeln, eine selbstlose Tat oder eine kleine, nette Geste: Ein Busfahrer, der mich nicht ignoriert, sondern wieder anhält und mich einsteigen lässt oder jemand, der mir hilft, meinen schweren Koffer in die Ablage im Zug zu heben. Es können auch Fremde sein, die mich auf der Straße grüßen, mich einfach so anlächeln oder mir einen schönen Tag wünschen.

All diese Akte der Nächstenliebe, egal ob klein oder groß, die mir bisher begegnet sind, haben mich oft den ganzen Tag hindurch begleitet oder einen miesen Tag zu einem guten gemacht. Und es hat in mir den Wunsch verstärkt, dies auch an andere weiterzugeben.

Unter dem Motto  „stark füreinander – fair miteinander“ setzt sich die Kolpingjugend seit ca. zwei Jahren mit dem Thema „Gerechtigkeit“ auseinander. „stark füreinander – fair miteinander“ auch in diesem Motto schwingt der Begriff Nächstenliebe mit:

„stark füreinander“: Bei einer Nachtwanderung stark für die zu sein, die sich ängstigen, um gemeinsam den Weg zu schaffen; in einer Streitsituation eingreifen und dem Schwächeren beistehen oder zusammen das Sternenzelt aufbauen, einer alleine kann das nicht.

„fair miteinander“: Jemandem meinen Platz im Bus anzubieten, sich mit dem Obdachlosen am Bahnhof zu unterhalten oder der gestressten Kassiererin an der Supermarktkasse zu sagen, dass man Zeit hat und sie sich nicht hetzen muss.

Die vielen sozialen Projekte der Jugend- und Erwachsenenverbände und ehrenamtliches Engagement in all seinen Formen sind Zeichen der Nächstenliebe.

Nächstenliebe ist für mich vollkommen up to date. Es ist die Entscheidung, meinen Mitmenschen mit Freundlichkeit, Wohlwollen, Respekt und Hilfsbereitschaft zu begegnen: stark füreinander – fair miteinander!

 

Stefanie Laskowski

Mitglied der AG Politik


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